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15.-19.09.2021

Wolfsburg - Haldensleben - Magdeburg

Kalter Braten, grosser Dom und etwas Hundertwasser

Kurz nach Wolfsburg, auf dem Mittellandkanal-Kilometer 246 überschwimmen wir mit Barbara und Stefan die ehemalige Grenze, die Ost- und Westdeutschland getrennt hatte. Es ist alles abgeräumt und nichts erinnert an den damaligen Eisernen Vorhang. Der künstliche Kanal bringt nicht wahnsinnig viel Abwechslung, fährt man doch einfach durch ein sehr ländliches Gebiet. In Haldensleben (MLK 301) machen wir eine Nachtliegepause. In einem recht neu eingerichteten Hafen haben wir uns an die Pier gelegt. Der Elektroanschluss schien auch neu zu sein, musste aber doch mit Jetons gefüttert werden, was eigentlich kein Hindernis sein sollte. Doch irgendwie hatte der Sicherungsautomat nach kurzer Zeit ausgelöst, und die Parcosola stand ohne Ladestrom da. Die Hafenmeisterin meinte, wir hätten irgendwo einen Kurzschluss, doch hatte der Automat erst nach einer Weile ausgelöst, was auf eine Überlast hinwies. Und die 16 Ampère waren sicher nicht richtig installiert, hatten wir doch an unserem Laderegler den totalen Zufluss auf 11 Ampère reduziert. Auf alle Fälle hat es am nächsten Hafen wieder funktioniert. Das Batterie-Management sperrte aber bei diesem tiefen Ladezustand der grossen Batterie den 240-Volt-Ausgang und das im Ofen angeschmorte, aber noch nicht lind gebratene Jungbullenfüdli, mit Markbeinen und Wurzelgemüsen im Rotwein Jus musste auf das nächste Abendessen warten, und wir mussten uns mit kaltem Trockenfleisch und Käseplättchen zufriedengeben.

Am nächsten Morgen nahm die Parcosola weiter Kurs auf dem Mittelland-Kanal Richtung dem Wasserkreuz zur Elbe bei MLK 320. Die gebaute Wasserbrücke bis MLK Kilometer 323 wollten wir unseren Gästen noch zeigen. Es ist schon jedes Mal ein spezielles Gefühl, auf einer Wasserbrücke über einen achtzehn Meter tiefer gelegenen Fluss zu fahren. Zurück und über die Schleuse Rothensee und die Niedrigwasserschleuse fuhren wir in die Elbe bei Kilometer 334 ein. Für das wiedereröffnete alte Schiffshebewerk waren wir leider zu gross. Wir waren überrascht von der Fliessgeschwindigkeit der Elbr und wir mussten auf der kurzen Strecke sehr auf Untiefen und Strömung aufpassen, bis wir an der Anlegestelle der Weissen Flotte von Magdeburg (Elbe Kilometer 328) an einem vorgesetzten Schwimm-Ponton anlegen konnten. Beim Montieren des Ladekabels, das ein Mitarbeiter der Weissen Flotte netterweise zur Verfügung stellte, rutsche ich mit meinen Crocks auf dem glitschigen Ponton aus und fiel mit dem Rücken über eine Querstrebe und auf meinen Allerwertesten. Ausser einigen blauen Flecken hat mir dies nichts angetan. Aber meine rote Brille ist im hohen Bogen und unwiederbringlich in die Elbe geflogen.

Magdeburg ist die Hauptstadt des Bundeslandes Sachsen-Anhalt und hat rund eine Viertel Million Einwohner. Der Magdeburger Dom kann sich zeigen lassen, ist er doch nach Köln und Ulm der drittgrösste Dom in Deutschland.

Der erste Bürgermeister nach der Wende meinte, was nach der Zerstörung von 80% der Innenstadt durch Bomben im 2.Weltkrieg übrigblieb, sei durch sozialistische Stadtbaumassnahmen zerstört worden und habe einen beträchtlichen Teil ihrer Identität und Seele gekostet. Punktuell sind einige Bauten mit einem gewissen Cachet eingepflanzt worden, doch fehlt irgendwie eine grosszügige Bauordnung, Linie und Struktur.

Der Künstler und eben Nicht-Architekt Friedensreich Hundertwasser hat für eine Genossenschaft ein gelungenes Gebäude mit über fünfzig Wohnungen, Läden und Ateliers realisiert. Nach Geldschwierigkeiten wurde das Teil vom Bistum Magdeburg übernommen und gehört heute einer Schweizer Immobilien-Firma.

In einem schicken Dreissiger-Jahre-Café genossen wir einen «üppigen Zmorge» mit Etagère, Lachs, Käse, Rührei, Früchten, Brötchen und Croissant. Wunderbar.

Auf dem Weg zurück zum Schiff wollte ich in der Sparkasse am Geldautomaten mein Portemonnaie wieder mal nachfüllen. Am Bildschirm kam die Aufforderung, mich auf einen Betrag festzulegen. Ich wählte den freien Betrag und gab siebenhundert Euro ein. Nach langem Schnurren meinte der Schirm, es seien nur fünfhundert möglich. Ich wählte den vorgegebenen Betrag, nach weiterem langem Schnurren meinte der Schirm erneut, es seien nur hundertfünfzig Euro möglich. Nach der Bestätigung wurde das Geld dann ausbezahlt. Es ist zwar sicher nicht richtig, aber es kommt einem schon in den Sinn, dass hier mal die DDR war.

Am Sonntagnachmittag, ihrem 12. Hochzeitstag verliessen uns Barbara und Stefan und reisten zurück nach Winterthur.

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Chrigel Hunziker und Marianne Ott