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Geschichten

Wo fährt ein Schiff? Logisch auf der Strasse!

Die Transport Story der Parcosola von Romanshorn nach Basel Muttenz

vom 05. Juni 2021

Nun ist es soweit wir, meyne Marianne und ich, gehen auf die grosse Reise, zwar ganz langsam, wir haben die Wasserwege Europas gewählt und fahren mit unserer Parcosola einfach mal los und wollen schauen wohin uns der nasse Untergrund und das Leben so führt. Das ist aber einfacher gesagt als getan. Im Moment ist das Teil noch im Winterlager am Bodensee, genauer gesagt bei der Pronautik in einer Lagerhalle in Romanshorn. Obwohl der Rhein, der im Gotthardmassiv, einerseits auf dem Oberalp Pass, dem Thomasee als Vorderrhein und am Rheinwaldhorn als Hinterrhein entspringt und dann gemeinsam ab Reichenau vereint bis nach Rotterdam in die Nordsee und auch an dem Bodenseestädtchen Romanshorn vorbeifliesst, führt der erste Weg auf die Wasserwege Europas aber doch auf der Strasse nach Basel. Bekanntlich ist es sehr schwierig den Rheinfall, die Flusskraftwerke Rheinau, Eglisau, Reckingen und so weiter die Gewässer schiffig zu befahren. Also einfach das Schiff mit dem Kran auf einen Lastwagen heben und ab die Post. Denkste. Die Parcosola ist vier Meter siebenundfünfzig breit und somit fast doppelt so breit wie ein normaler Lastwagen, mit über fünfzehn Meter fünfzig ist auch die Länge beachtlich. Damit ist das sonst schwimmende Teil über zwei Meter länger als ein normaler Sattelauflieger. Mit den achtzehn Tonnen Gesamtgewicht könnte man noch umgehen aber auch die Höhe ist weit über dem was man so auf der Strasse so transportieren darf oder kann. Geschweige kann den ein solcher Transport durch Unterführungen, unter Brücken oder Bahnübergängen und unter den elektrischen Leitungen hindurch fahren. Klar, dass hier ein Spezialtransport von Nöten ist. Wir beauftragten die Winterthurer Unternehmung Toggenburger für diese spezielle Aufgabe. Für solche Fälle sehr gut ausgerüstete Firma besitzt einen Vierachs-Spezial-Tiefbett-Sattelzug mit einer Mercedes Zugmaschine mit sechshundertfünfzig Pferdestärken und einem vier Achs Nachläufer, die für diese spezielle Aufgabe auf fünfdreissig Metern verlängert zusammengestellt wurde. Einfach noch zum Wissen ein normaler Sattelschlepper darf die Länge von sechzehn Metern nicht überschreiten. Um aber das ganze Fahrzeug mit so wenig Überhöhe wie möglich zu verpacken wurde der ganze Oberbau (Flybrige) des Schiffes abgebaut inklusive dem oberen Steuerstand, Esstisch, Sitzbänke und den Instrumententurm mit der Nachtsichtkamera, dem Radar der Wirelessantenne und der Wetterstation. Um das Wassergefährt auf den Tiefbettanhänger zu bringen wurde eine genügender Pneukran angekarrt. Auch dieses Gefährt besitzt vier Achsen und kann bis zu hundert Tonnen anheben. Um die Parcosola richtig in die Gurten zu legen, das heisst auf den Anhänger zu hieven, wird an den Kranhacken ein Joch angehängt, das die Traggurten die senkrecht nach unten wirkenden Kräfte oberhalb des Schiffes verteilt werden, dass das Schiff weder nach hinten oder vorne aus den Laschen kippt und die Gurten das Schiff durch seine Eigenlast zerquetschen. Selbstredend wurde das acht Meter lange Joch mit einem separaten Sattelschlepper angeliefert. Unten am Schiff wurden die Propeller und die Ruderblätter demontiert. Aber auch mit all diesen Höhenreduktionen war der ganze Spezialtransport immer noch vier Meter achtzig hoch. Somit bestand die Aufgabe einen Weg nach Basel zu suchen, mit den vorhin aufgeführten Rahmenbedingen. Klar, die Autobahn war auch keine Option. So führte der Weg auf Nebenstrassen ohne Unterführungen und Gleisquerungen durch die halbe Schweiz. Mit einem solchen Rucksack ist natürlich nur in der Nacht erlaubt zu fahren. Geplant und eben auch durchgeführt wurde dieser Transport in zwei Nächten. Somit wurde in Windisch Zwischengehalten. Im Vorfeld mussten von allen Kantonspolizeistellen Bewilligungen eingeholt werden und die Strecke wurden von Spezialisten abgefahren, um die Hindernisse zu erkennen, wie zum Beispiel wo sind Baustellen, wo hängen Äste von Bäumen zu tief oder wo hat es Verkehrszeichen und -Tafeln, die abgebaut und wiederaufgebaut werden müssen. Schlussendlich entstand ein Projektbuch mit gegen hundert Seiten mit Bewilligungen genauen Fahrstrecken und den eingezeichneten Hindernissen. Der ganze Tross setzte sich am Mittwochabend in Romanshorn in Bewegung. Vorne und hinten fuhr je ein Fahrzeug zur Sicherung und Anzeige des Spezialtransportes. Klar mit gelben Blinklichtern und elektrischen Anzeigetafeln für Überholverbote. Überhaupt, so viele gelbe Blinklichter und Arbeitsscheinwerfer habe ich noch selten gesehen. An der Spitze des Geleites fuhr ein Fahrzeug, dass die Strecke sicherte, also entgegenkommende Fahrzeuge bat sich auf die Trottoirs oder sich neben die Strasse zu begeben, um Platz für den überbreiten Spezialtransport zu halten. Ebenfalls war hinten und vorne je ein Werkstattwagen mit Monteuren, die Verkehrszeichen oder anderen Hindernis de- und wiedermontierten. Wenn das schwere Sattelfahrzeug mit den Hinterrädern, dass von der Führerkabine aus in alle Richtungen geschwenkt werden konnte, über einen Randstein oder eine andere Anhöhung gelenkt werden musste, wurden Bretter vor das Hindernis gelegt um die Auffahrt so sanft wie möglich zu halten und natürlich die vielen Pneus zu schonen. Speziell mussten Dorfeinfahrten auf der Gegenfahrbahn durchfahren werden, weil die Einfahrt bei den meisten Dörfern mit einer Schikane für die Verkehrsberuhigung gestaltet sind. Das Rechtsabbiegn in Dörfern um die Häuserecken mit diesem langen Gefährt und das Fahren durch die Kreisel forderten das Transportteam enorm. Ganz und ohne Schäden endete der Tross seine Fahrt am Freitagmorgen noch in der Nacht am Bestimmungsort bei der Ultra Brag in Basel Muttenz. Bei einem grossen Handelsunternehmen in Basel mit etwa hundert Angestellten, drei Häfen, zwei Schiffen aber vor allem mit einem Kran. Mit diesem war es nun eine Leichtes das Boot im Rhein zu Wassern, nachdem alle Bauten oberhalb des Schiffes und die Schrauben und Ruder wieder montiert waren. Nach kurzen Tests der Montage Crew der Pronautik übernahmen wir das Schiff nun das erste Mal auf einen Fliessgewässer.

 

Mit Konstanz verwehrt

vom 2. August 2020

 

Meine Marianne und ich liegen nun mit unserem Boot im Hafen von Konstanz. Der Platz in Romanshorn wurde uns verwehrt. Nicht ganz freiwillig. Aber gar nicht etwa schlechter. Für unsere geplante Reise mit dem Hybridboot Parcosola auf den Wasserwegen und nahen Grenzgewässern Europas war eigentlich das Frühjahr 2020 angesagt. Aber wie so Vieles verzögerte sich die Tour in Sachen Corona. Genießen wir halt zurzeit den Bodensee. Auch nicht schlecht. Wir erhielten durch den Kauf des Schiffes bei einem Schweizer Händler in Romanshorn für kurze Zeit einen doch so raren Liegeplatz. Mit der coronaierten Pause stimmen plötzlich die angedachten zolltechnischen Situationen nicht mehr. Wir haben die Parcosola bereits in Deutschland zoll- und mehrwertsteuertechnisch eingeführt und zulassen lassen. Es macht Sinn das Boot, dass nie mehr in Schweiz zurückkehren wird, direkt dort es sich hauptsächlich aufhalten wird, zu zulassen. In Deutschland und dadurch natürlich auch in ganz Europa. Sonst hätten wir leider alle 18 Monate Europa verlassen müssen um nicht das Schwimmende eben dort zolltechnisch einzuführen. O.k. Damals hatten wir noch nicht mit dem Brexit gerechnet, durch deren nun England ausssereuropäisch geworden ist. Nun ist die Situation halt so. Also aus Sicht der Schweiz sind wir in der Schweiz wohnhaft haben ein in Deutschland vermehrwertsteuertes Schiff an einem Schweizer Liegeplatz. Das geht nicht. Wir dürfen nun mit einer vorgesehenen Bewilligung nur zwölfmal drei Tage in die Schweiz einreisen. Aber damit hat es sich dann auch. Sonst entspricht dies einen Zollvergehen, wird mit Busse bestraft und man muss die Mehrwertsteuer zahlen. Wir sind halt nicht Mitglied in Europa. Mit der Bitte an die eidgenössische Zolldirektion unserer doch so speziellen Situation mit einer angepassten Bewilligung Verständnis zu zeigen wurde abgelehnt. Mehr als überrascht waren wir als wir der fein und mit Akribie ausgearbeiteten Antrag, das macht meyne Marianne immer so, bereits innerhalb von vierundzwanzig Stunden von der Eidgenossenschaft eine erste Antwort erhielten. Zwar abschlägig und nicht zuständig aber gleich mit dem Hinweis der Weiterleitung an die Stelle an der Grenzstelle in Romanshorn. Auch diese Person meldete sich innerhalb eines Tages mit dem Hinweis, dass die letzte Instanz die Zollverwaltung Schaffhausen sei. Wir hatten sofort diesen Antrag nach der benannten Stelle weitergeleitet. Noch am selben Tag rief eine freundliche und kompetente Frau aus Schaffhausen an und erklärte mit vielen Beispielen wieso das nicht gehe und keine Ausnahmebewilligung erteilt werden kann. Klar sind abschlägige Antworten immer ärgerlich. Aber wenn Staatstellen in dieser ultrakurzen Zeit, also von der Anfrage bis zur definitiven Absage über drei Stellen in nur drei Tagen kompetent und verständlich erläutert antworten, ist das mehr als super. Wir waren grad ein bisschen stolz auf unsere Behörden.

Nun zu Konstanz. Ein Teil, des fast südlichste Städtchen aus der Sicht von Deutschland liegt eigentlich irdisch getrennt vom Mutterland von Deutschland direkt neben Kreuzlingen und ist vom nördlichen Nachbarn nur über die Konstanzerbrücke erreichbar. Rundum diesen Teil von Konstanz ist der Bodensee, der Rhein oder die Schweiz.  

Wir liegen nun im Hafen von Konstanz gerade vis-a-vis der Kursschiffanlegestelle an der äusseren Pier. Ein Superplatz mit direktem Blick auf die Imperia. Sie thront als backbordseitiges Hafeneinfahrtsmonument und erinnert an das vierjährige Konzil zu Konstanz zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Die damals etwas über sechs tausend Einwohner zählende Stadt wurde aus kirchlicher Sicht Mittelpunkt der Erde. Waren doch während den vier Jahren tausende Bischöfe, Kardinäle, Pfaffen und Gläubige Vorort und stritten über das abendländische Schisma, also die Ausrichtung und die Zweiteilung der Kirche mit vier zerstrittenen Päpsten. Der Reformator Huss hatte sich in diesem Zeitraum selbst verbrannt und ein anderer Ketzer aus Sicht der Kirche wurde verköhlert. Die Zeit zwischen den Konzilssitzungen wurden nicht trocken abgehalten. Ist doch die Rede davon, dass die Konziler bis zu acht Liter Wein pro Tag getrunken haben sollen. Man muss aber wissen, dass Alkohol zur damaligen Zeit als einzig „gesundes“ Getränk galt. War doch Bier und Wein frei von Bakterien oder Krankheiten im Gegensatz zu Wasser. Es gab also Gemeinden, die ihrer Bevölkerung bis zu drei Liter Bier pro Person gratis abgaben, nur um die Gesundheit der Bevölkerung zu sichern. (Ist schon fast wie eine Massen Corona Impfung). Trotz der zölibatären Grosseinwanderung in das Hafenstädtchens schien es doch sehr beachtlich, dass zu dieser Zeit hunderte von Nutten in Konstanz hausten. Gut, geschichtlich wurden sie Kurtisaninnen genannt, was ihrer rhythmischen Tätigkeit aber in keinem anderen Licht erschienen liess. Diese Geschichte hatte Peter Lenz, ein deutscher Künstler, zum Anlass genommen vermutlich im Auftrag der deutschen Bahn, welche zu dieser Zeit Besitzerin des Hafens war, die Imperia zu gestalten. Eine neun Meter hohe aus Beton gegossene halbnackte Kurtisane die mit zwei nackt dargestellten Gnomen, die das weltliche und kirchliche Oberhaupt symbolisieren, den Papst und den König, mit weinlicher Leichtigkeit spielt. Wunderbar. Gut die Konstanzer hatten 1993 an dieser Persiflage keine Freude und versuchten mit allen Mitteln diese Schmach von Hafen zu verbannen. Heute lieben aber alle Konstanzer ihre Statue.

Und noch eine schöne Geschichte wurde zu dieser Zeit geschrieben. Nicht weit von Konstanz liegt das Fischerdörfchen Ermatingen am Untersee. In diesem Ort wird die späteste Fasnacht der Welt gefeiert. Die Groppenfasnacht. Der Erzählung nach soll ein Bischoff zur Zeit des Konzils zu Konstanz in Seenot geraten und von Fischern aus Ermatingen gerettet worden sein. Zur Stärkung wurden ihm an Land Groppen, nachtaktive Grundfische, wenn sie nicht gerade in Butter schwimmen, zu essen gebracht. Als Dank für die Rettung und Trank wurde den Ermatingern die Fastenzeit verkürzt und sie durften seit dieser Zeit nur noch drei Wochen bis Ostern fasten und Busse tun.  Anstelle der sonst vierzig Tage, ohne Sonntage, von Aschermittwoch bis Karfreitag. Eine schöne Geschichte. Ist sie wahr? Man weiss es einfach nicht. Aber die Groppenfasnacht findet immer noch drei Wochen vor Ostern statt und die Ermatinger entbehren jedes Jahr nur drei Wochen auf Alkohol, Fleisch und so.